Immer (mal) wieder sonntags … lesen Sie in meinem Blog die Management-Spitzen.
Passend zur Buchmesse in Frankfurt geht es heute um eine Lesung. Auch die hat mit Führung zu tun… Zwar nicht in Frankfurt, aber in der Hauptstadt. Hier kommen die Management-Spitzen Nr. 21 – Die Lesung:
Nun war es also fertig. Das neue Buch des Außenministers a. D. – als Vermächtnis wurde es schon gehandelt. Möglich. Und eigentlich auch egal. Zu erzählen hatte dieser Mann sicher genug, sollte er ruhig noch weitere Bücher schreiben. Doch musste das neue Werk gerade hier präsentiert, uraufgeführt werden? In diesem Theater? In diesen heiligen Hallen?
Wie sich das alles genau ergeben hatte mit dieser Vereinbarung rund um die Lesung, das wollte er nicht immer wieder in seinem Kopf durchspielen. Beziehungsweise auch nicht mit seinem Assistenten besprechen, der für diese Tat verantwortlich zeichnete. Im Frühjahr vereinbart, als er, der Chef, ausnahmsweise mal ein verlängertes Wochenende an der Ostsee urlaubte. Aber so nicht. Nicht mit ihm, Claas Heymann, Regisseur, Intendant und künstlerischer Leiter eines bekannten Theaters in der Hauptstadt an der Spree. Niemals hätte er selbst einen solchen Leseabend auf seinen berühmten Theaterbrettern erlaubt. Passte doch gar nicht in die Philosophie der Spielstätte.
Doch es gab kein Entrinnen, genoss die Veranstaltung doch einige Aufmerksamkeit, die dem Theater natürlich nur nutzen konnte. Von den eingespielten Gewinnen mal ganz abgesehen. Kein Schaden so groß.
Trotzdem mussten die Beteiligten erkennen, wer das Zepter in der Hand hatte. Sicher nicht sein Assistent. Schon gar nicht der angekündigte Autor, Außenminister a. D. hin oder her. Auch nicht dessen Gesprächspartner auf der Bühne, auch nicht das Publikum, das die Sitzplätze in den heiligen Hallen immer viel zu früh einnehmen wollte. Man könnte was verpassen.
Doch wie intervenieren?
Vielleicht so:
„Veranstaltung fällt wegen eines durch die Sprinkleranlage verursachten Schadens aus.“
Oder so?
„Lesung muss kurzfristig wegen Krankheit ausfallen.“
Oder eher so?
„Das Manuskript für die Lesung ging verloren, daher muss der Termin ersatzlos gestrichen werden.“
Oder doch so?
„Die Garderobieren fühlen sich nicht, daher entfällt die Lesung zu unserem großen Bedauern.“
Alles kindisch und sofort durchschaubar. Und ein gefundenes Fressen für die Presse. Das musste subtiler sein.
Claas Heymann wäre nicht Claas Heymann, wenn er nicht noch rechtzeitig die passende Idee gehabt hätte. Um 20 Uhr sollte die Lesung laut Ankündigung und Aufdruck auf den Eintrittskarten beginnen. Um 19:40 Uhr ließ er seinen Assistenten (besagter Urheber der ganzen Veranstaltung) verkünden: „Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit. Leider wird sich der Einlass noch um ein paar Minuten verzögern. Herr Heymann möchte gerne noch persönlich die Bühne für den Außenminister a. D. richten. Sie können um kurz vor 20 Uhr in den Saal und vorher natürlich noch Ihre Garderobe abgeben. Vielen Dank für Ihr Verständnis und Ihre Geduld.“
Wenn das mal nicht perfekt inszeniert war! Denn ein Raunen ging durch die Menge. Die Bühne war selbstredend schon seit 18 Uhr gewienert und gerichtet. Jetzt ging es vielmehr darum, die Reaktionen des Publikums zu beobachten. Darunter einige Berliner Prominenz, auch eine Journalistin aus dem ‚früh magazin‘ der Öffentlich-Rechtlichen. Und Claas Heymann wäre nicht Claas Heymann, ginge seine Rechnung nicht auf. Durch geheime Gucklöcher vernahm er die Meinungen:
„Der Heymann, det wa kla, der lässt sich det nich jefallen.“
„Det is allet der Heymann! Unverschämt is det. Die Lesung wurd im uffjezwungen, nu mussa sich fügen, wa, und dat er will ums Verrecken nich. Ein Kotzbrocken is dat, wa!? Der will nur zeigen, wer hier Chef vons Janze is.“
„Die reinste Machtdemonstration is ditte!“
Genau! Denn es kann nur einer das Zepter schwingen! Und das war selbstredend er, Claas Heymann!
Aber was sollte die Aufregung? Kurz vor 20 Uhr wurden die Türen zum Saal ja schließlich doch noch geöffnet – und die Lesung konnte (in ausverkauftem Haus!) beginnen.
(Personen und Handlung sind frei erfunden.)
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